Die 1.000-Mark-Sperre

Nach dem Ersten Weltkrieg versuchen Deutschland und Österreich wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Doch die politischen Verwerfungen machen es ihnen schwer. Hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Armut lassen in Deutschland die politischen Ränder erstarken. Nach dem Sieg der Nationalsozialisten bei den Reichstagswahlen im März 1933 ergreift Adolf Hitler die Macht. In Deutschland beginnt damit die Schreckensherrschaft der NSDAP. Außenpolitisch schlägt das Regime einen aggressiven und radikalen Kurs ein.

Mit der so genannten Tausend-Mark-Sperre bekommt Österreich diesen zu spüren: Deutsche Staatsangehörige müssen 1.000 Reichsmark, heute etwa 4.300 Euro, bezahlen, wenn sie nach Österreich reisen; ausgenommen ist nur der kleine Grenzverkehr. Auslöser für die Maßnahme ist die zunehmende Rivalität zwischen dem Nazi-Regime unter Adolf Hitler und dem katholisch-diktatorischen Ständestaat in Österreich.

Kurz nach dem Sieg der NSDAP bei den Reichstagswahlen 1933 hat der Nationalsozialist und spätere bayerische Justizminister Hans Frank im Bayerischen Rundfunk eine Grußbotschaft an seine „unterdrückten Volksgenossen in Österreich“ gesendet: Die NSDAP werde „die Sicherung der Freiheit der deutschen Volksgenossen in Österreich übernehmen“. Die österreichische Regierung hat gegen seine Botschaft offiziell protestiert, jedoch ergebnislos.

Im Mai reist Frank mit dem preußischen Justizminister Hanns Kerrl und seinem Stellvertreter Roland Freisler nach Wien und betreibt dort nationalsozialistische Propaganda. Daraufhin erklärt der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß Frank zur unerwünschten Person und lässt ihn ausweisen. Seine Bundesregierung beschließt, dass NS-Minister in Österreich fortan generell nicht willkommen sind.

Als Reaktion darauf verhängt Hitler am 27. Mai 1933 die Tausend-Mark-Sperre, mit der das Nachbarland besonders im Tourismus getroffen wird. Österreich soll wirtschaftlich in die Knie gezwungen und „anschlussreif“ gemacht werden. Gerade in Tirol ist der Fremdenverkehr schon damals ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die Summe von 1.000 Reichsmark, die an der Grenze hinterlegt werden müssen, können viele Deutsche kaum aufbringen.

Die österreichische Bundesregierung reagiert ihrerseits auf die Tausend-Mark-Sperre: Nach einer nationalsozialistischen Terrorwelle wird die NSDAP am 19. Juni 1933 im Land verboten. Zugleich bemüht sich Österreich um Entspannung. Es nähert sich dem faschistischen Italien an, auch um über die Beziehung Mussolini-Hitler von der 1.000-Mark-Sperre befreit zu werden. Tatsächlich verbessern sich die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Österreich in Folge etwas.

Österreich ist bald zu Konzessionen bereit. So werden inhaftierte Nationalsozialisten amnestiert und zwei NS-Vertrauensleuten in die Bundesregierung aufgenommen. Hitler hebt die Tausend-Mark-Sperre drei Jahre nach ihrer Einführung auf.

Das Ziel Hitler-Deutschlands, Österreich „anschlussreif“ zu machen, bleibt jedoch aufrecht und wird 1938 Wirklichkeit.