Das Haupttor

Wir blicken nun direkt auf die beiden ehemaligen Zollgebäude. Zwischen den beiden befand sich die nördliche Talsperre der Porta Claudia, die im Zeitraum 1705 bis 1711 erbaut wurde. Während der Regierungszeit von Kaiserin Maria Theresia wurde sie nach 1766 entsprechend erweitert und ausgebaut. Zu diesen Erweiterungen gehört auch ein Wassergraben mit entsprechender Befestigung, der das Wasser von der Isar ableitete und den Graben bis zum östlichen Felsanschluss flutete.

Blickt man heute auf die Straße, muss man sich vorstellen, dass dort einst das große Haupttor der Porta Claudia bestand. Dieser Bauteil der Wehranlage wird auch Tor-Bastion bezeichnet. Über dem Zugangstor befand sich eine 1705 eingerichtete Kapelle und die Wohnung des zur Kapelle gehörenden Kaplans. Geweiht war die Kapelle dem Heiligen Josef, wie schon berichtet, fanden im 18. Jahrhundert auch die Gottesdienste für die Scharnitzer Dorfbevölkerung beim Militärkaplan statt.

Betrachtet man das östliche ehemalige Zollgebäude, so entdeckt man ganz an seinem Nordende einen alten Teil der ehemaligen Festungsmauer. Hier verlief die Mauer samt vorgelagertem Graben nach Osten. An dieser Wand angeschlossen war der Torbereich der Festung, der freilich heute nicht mehr existiert.

In Oberammergau befindet sich heute im Museum ein Modell der Torbastion. Der Schlachtenmaler Georg Lang war es, der aus zahlreichen Zeichnungen und Skizzen daheim dieses Modell schuf. Mit hunderten beweglichen Figuren stellte er die Belagerung der Festung 1805 dar. Dieses Modell, das er Max II. von Bayern zum Geschenk machte und heute im Museum in Oberammergau besichtigt werden kann, zeigt uns sehr gut, wie das Tor gesichert war. Vor dem Graben befanden sich Palisadenbefestigungen aus Holz, über dem Tor ist gut die Kapelle erkennbar. Eine Brücke führte über den Graben. Auf der Mauer gab es Verteidigungsposten.

Lang fertigte insgesamt zwei dieser Reliefmodelle an. Das eine, das an Max II. ging, wurde in späteren Tagen auf Jahrmärkten und Ausstellungen in Bayern gezeigt. Das zweite Exemplar dieses Modells wurde als Geschenk an Napoleon Bonaparte geschickt.

Das Festungstor wurde zusammen mit der Wehranlage 1805 geschliffen. Und doch finden sich auch heute noch von Zeit zu Zeit Überreste. Als die Umfahrungsstraße in Scharnitz gebaut wurden, mussten Unterkonstruktionen des Festungsbaus noch archäologisch gesichert werden. 2019 werden bei einem Bauprojekt rechts hinter den Zollgebäuden weitere Mauerreste gefunden. Auch hier führte das Denkmalamt eine Begutachtung durch und erfasste die historische Struktur.