Ein Zeugnis Bewegender Geschichte

Wir befinden uns in der Region Werdenfels, einem bergigen und südlichen Teil Bayerns. Hier befindet sich die Grenze zum österreichischen Bundesland Tirol. Eine Grenze, die im Laufe der Zeiten stark umkämpft war. Blutige Schlachten, aber auch Abkommen und Verträge änderten die Grenzen und schufen schließlich bis zum Heute eine freundschaftliche Partnerschaft zwischen Bayern und Tirol – Deutschland und Österreich. Im Herzen Europas.

Dort, wo wir heute auf steile Berge blicken und eine gebirgige Paßenge ausnehmen, bot sich schon in frühen Zeiten jene geographische Situation an, die militärische Strategen und Verteidigungsexperten als optimalen Platz ansahen, um eine Grenzverteidigung zu errichten. Im Osten sehen wir eine steile Felswand, der Fluss Isar fließt in der Mitte des Tals hindurch, im Westen erhebt sich ein bewaldeter Gebirgszug. Genau dort wurde eine der mächtigsten Festungsanlagen ihrer Zeit errichtet, die später als Porta Claudia in die Geschichte eingehen sollte.

Heute sind es Steine, Überreste von Mauern, die an die einst stolze Festung erinnern. Ein trauriges Zeugnis einer einst so gewaltigen Anlage, die Feinde abwehrte und von ihren Gegnern gefürchtet war. Zwischen dem 17. Jahrhundert und dem 19. Jahrhundert, also gerade einmal 200 Jahre reichte die Ära, in der die Porta Claudia bestand und ihre Aufgabe zu erfüllen hatte Tirol und die dort lebenden Menschen vor Feinden und den Schrecken des Krieges zu schützen.

Doch auch heute noch ist die Porta Claudia, obwohl eine Ruine, ein Zeugnis für die Geschichte. Eine Geschichte, die wir als europäische Geschichte, vielleicht sogar als weltpolitisch bedeutsame Geschichte ansehen, die allerdings zu bestimmten Zeiten Mittenwald und Scharnitz miteinschloss und die Region hier zum aktiven Teilhaber an den Ereignissen werden ließen.

Als 1632 mit dem Bau der Porta Claudia begonnen wird, war es der Dreißigjährige Krieg, der europäische Dimension hatte und dessen Auswirkungen ganz konkret Tirol und Scharnitz bedrohte. 1703 waren es die Ausläufer des Spanischen Erbfolgekrieges, die die Vernichtung der Porta Claudia, aber auch später ihren Wiederaufbau verursachten. 1805 versuchte Napoleon Bonaparte ganz Europa zu beherrschen und zog dabei mit den Bayern gemeinsam gegen Tirol, die Porta Claudia wird zum Kriegsgebiet blutigster Kämpfe.

Doch auch wenn die Wehranlage 1805 gesprengt wurde und ihre Überreste später von Menschen aus der Region als Baumaterialien benutzt wurden, prägt der Grenzverlauf noch später die Geschichte. Und heute – immer mehr Menschen interessieren sich für die alte Wehranlage der Porta Claudia, ihre Ruinen und Mauern. Längst ist das Interesse über die Geschichte mit einem Magneten für den Tourismus vermischt. Und auch die Politik erkennt die Ruine inzwischen als Symbol an – als Mahnmal für eine blutige Grenze, die hier wie auch anderswo im gemeinsamen Europa abgeschafft wurde.

Wir begeben uns nun auf den Weg von Mittenwald nach Scharnitz, durch das “Ried”, wie der Riedboden gerne genannt wird. Dort, wo einst die Aufmärsche mächtiger Armeen stattfanden und sich Soldaten zum Angriff sammelten.