Ausblick: Potenzial Europa

Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts gründen engagierte Gemeindemitglieder über die Grenze hinweg Initiativen, deren Mitglieder die Wehrruine als kulturelles Erbe betrachten und ihren touristischen Wert sehen. Vielerorts führt der Tourismusboom im 20. Jahrhundert dazu, dass kulturell interessierte Gäste aus den verschiedensten Ländern mehr über Ruinen, alte Burgen und Schlösser wissen möchten. Schließlich wird bekannt, dass es auch in Scharnitz Ruinen gibt, die anzusehen sich lohne.

Mit Norbert Goldschmid hat sich ein kenntnisreicher Einheimischer gefunden, der Besucherinnen und Besucher zur Ruine Porta Claudia führt. Er ist einer der Pioniere, die sich dafür eingesetzt haben, die Porta Claudia Interessierten zugänglich zu machen und ihnen ihre Geschichte zu erzählen. Auch in der Gemeinde Scharnitz setzt sich mit der Zeit die Auffassung durch, dass die Porta Claudia kein bloßer „Steinehaufen“ ist, sondern ein Zeugnis der Tiroler Landesgeschichte. So wird in den frühen 1980er-Jahren der untere Bereich der Festung saniert und 1984 zum Jubiläum des Tiroler Freiheitskampfes als Teil des Kulturerbes präsentiert.

Von 1986 bis 1992 ist Dr. Reinhold Wöll Bürgermeister von Scharnitz. Auch er versucht Sanierungen an der Porta Claudia zu forcieren. Der Innsbrucker Universitätsprofessor und in Scharnitz lebende Historiker Dr. Fritz Steinegger setzt sich für ein Dorfmuseum ein, in dem besonders der Geschichte der Porta Claudia Aufmerksamkeit geschenkt werden soll.

Doch erst ab 1999 etabliert sich mit dem Kulturverein Scharnitz ein Verein, der die vielen Engagierten für die Sanierung der Porta Claudia vereint. 2004 lanciert der Kulturverein die Idee einer Baustein-Aktion für die Wehrruine. Drei Jahre später übernimmt der damalige Bürgermeister Walter Lechthaler die Vorschläge des Kulturvereins, Teile der Porta Claudia wiederherzustellen und zu bewahren, was noch intakt ist. Der Verein zum Erhalt der Porta Claudia wird gegründet, dem auch der Kulturverein angehört.

Als das Land Tirol 2009 anlässlich der Tiroler Freiheitskämpfe 200 Jahre zuvor ein Gedenkjahr abhält, ist es in Scharnitz die Grenze und ihre Geschichte, die in den Mittelpunkt rückt. In zahlreichen Veranstaltungen werden die Themen „Grenzen überschreiten“, Zusammenleben „ohne Grenzen“ betont und vermittelt. Künstler verarbeiten ihre Gedanken dazu in ihren Werken, eine geschichtliche Ausstellung bringt den Menschen die Vergangenheit näher, Filme und Musik sind als bayerisch-tirolerische Koproduktionen ein lebendiges Zeugnis der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Mit Bildung der Städtepartnerschaft zwischen Scharnitz an der Isar-Quelle und Plattling an der Isar-Mündung 2009 vertiefen sich die Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Tirol und Bayern für Scharnitz weiter. Sie sind die Grundlage und ein Beispiel für die Erfolgsgeschichte jener Länder, die sich einst im Krieg begegnet sind und nunmehr in Frieden und Wohlstand gemeinsam in die Zukunft gehen.

Der Kunst- und Kulturverein Scharnitz wird heute von der amtierenden Bürgermeisterin Isabella Blaha geführt. Seine Mitglieder setzen sich beständig für das grenzüberschreitende Projekt der Sanierung und Bewahrung der Porta Claudia als Kulturerbe ein und stellen ihren Einsatz immer wieder mit kleinen Erfolgen und Veranstaltungen unter Beweis.

Politiker, wie der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, unterstützen die Bemühungen der Scharnitzer und Mittenwalder Vereine, das Wesen der europäischen Einigung mit Hilfe der Symbolkraft der Porta Claudia zu betonen und dazu hier, zum Beispiel in der Arena, Veranstaltungen auszurichten.